Die Heilstätten von Beelitz

Eigentlich würden wir einen Besuch in Beelitz-Heilstätten eher während einer der raueren Jahreszeiten empfehlen: Im Herbst vielleicht, wenn der Nebel die maroden Überreste des ehemals herrschaftlichen Sanatoriums in dunstiges Licht taucht, oder auch im Winter, der vielleicht die verwunschene Atmosphäre zu vervollkommnen mag.
Zum einen scheint in diesen Tagen jedoch zumindest in Berlin der Herbst schon längst Zutritt erhalten zu haben. Herbst lässt sein graues Band… oder so. Zum anderen, und das schreiben wir nun in der Hoffnung auf eine spontane Rückkehr des Sommers, lässt sich ein Ausflug nach Beelitz-Heilstätten ganz hervorragend mit einem Abstecher an einen der vielen Seen, die zwischen Potsdam und Beelitz liegen, verbinden.

DSC_0344

In Beelitz-Heilstätten kann man an einer historischen Führung teilnehmen, muss man aber nicht. Das Gelände lässt sich größtenteils auch ohne Guide besichtigen (um ehrlich zu sein zum größten Teil auch in den Bereich, in dem es der Guide so erscheinen lässt, als ließe er sich nur mit dem entsprechenden Schlüssel betreten). Eine Führung kann sich trotzdem lohnen, weil die Geschichte von Beelitz-Heilstätten eine ebenso interessante wie, angesichts ihres Zerfalls, traurige ist. Der Dame, die die Führungen veranstaltet, darf man ohne weiteres eine enorme Expertise attestieren. Es ist unwahrscheinlich, dass ihr eine signifikante Anzahl an Quellen, die aus den Heilstätten hervorgegangen ist, entgangen sein könnte. Wer sich für die teils überraschend modernen Methoden interessiert, mit denen unheilbar Kranke schon vor dem Ersten Weltkrieg therapiert wurden, dem sei eine Führung wärmstens empfohlen.

DSC_0359

Über die Heilstätten selbst sollen an dieser Stelle nicht allzu viele Worte verloren werden. Gewissermaßen sind sie repräsentativ für das zu Ende gehende Kaiserreich; wer Thomas Manns “Zauberberg” gelesen hat, wird sich in Beelitz-Heilstätten mitten im Roman wiederfinden. Gleichzeitig erscheint die Anlage aber eben auch so ganz und gar unrepräsentativ für diese Zeit. So menschlich erscheinen die Maßnahmen, die dort ergriffen wurden, um Tuberkulose-Patienten bis zu ihrem letzten Tag zu begleiten, dass der Fortgang der Geschichte ab diesem Zeitpunkt kaum mehr nachvollziehbar erscheint.
Völlig unabhängig davon lohnt sich der Ausflug aber schon aus architektonischen Gründen. Die Gerüste der zum Großteil schon schwer geschädigten und zum Teil einsturzgefährdeten Fassaden sind noch gut zu erkennen; die wildwachsenden Pflanzen, die sich um sie ranken, verleihen dem Ganzen erst den morbiden Charme, den Verfallsromantiker wie wir an Orten wie diesen so schätzen. Die Erinnerung daran, dass dieser Verfall jn Wahreit alles andere als wünschenswert ist, wird erfahren, wer am geführten Rundgang teilnimmt. Der Ort sucht händeringend nach einem Investor für das nicht nur denkmal-, sondern auch hochgradig naturgeschützte Gebiet. Überraschenderweise findet sich keiner.

DSC_0418

Mehr Infos:

Direkt zu den Veranstaltern: Beelitz-Heilstätten

Kosten: 5 Euro. Anmeldung erforderlich!

Wie man am besten hinkommt: Von Berlin aus fährt eine Regionalbahn direkt nach Beelitz-Heilstätten, das um drei Stationen außerhalb des ABC-Bereichs liegt. Wir sind ab Potsdam mit dem Fahrrad gefahren. Das sind etwa 25 wunderschöne Kilometer auf sehr gut befahrbaren Radwegen. Eine gute Alternative in diesem Fall ist natürlich auch das Auto.

Was noch in der Nähe ist: Die Natur! Wer mit dem Fahrrad oder dem Auto unterwegs ist, sollte unbedingt an einem der vielen Seen Pause machen, die im Gegensatz zu den meisten Berliner Seen kaum besucht und zum Teil atemberaubend klar sind (in manchen kann man, sofern man hartgesotten gegenüber kühleren Celsiusgraden im Wasser ist, sogar gut tauchen). Unser Abstecher führte uns an den Seddiner See, der zur einen Seite an einem der angeblich schönsten Golfplätze Deutschlands liegt. Für uns das Schönste war allerdings die Einsamkeit – oder besser: Zweisamkeit – an einem herrlichen Uferfleck, die man an jedem noch so entlegenen See in Berlin vermissen wird. Wer den Ausflug zur richtigen Jahreszeit unternimmt, sollte natürlich in Beelitz zu Mittagessen. Und zwar Spargel.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>